Was ist die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (kurz AU-Bescheinigung, auch Krankschreibung oder Arztzeugnis genannt) ist ein Dokument, das Beschäftigte bescheinigt, dass sie aufgrund einer Krankheit arbeitsunfähig sind. Im Arbeitsrecht ist verankert, dass Angestellte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Erklärung über eine ärztlich festgestellte Erkrankung Arbeitgebern vorlegen müssen. Diese belegt, dass der- oder diejenige am Erbringen der Arbeitsleistung gehindert ist.
Rechtlicher Rahmen zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Im Falle einer Krankheit sind Angestellte dazu verpflichtet, sich von dem Arzt eine Krankschreibung ausstellen zu lassen. Das muss laut Gesetzgeber spätestens ab dem dritten Krankheitstag geschehen (Vorlagepflicht). Einige Unternehmen halten im Arbeitsvertrag individuelle Regelungen fest, so kann eine AU-Bescheinigung bereits ab dem ersten Krankheitstag bestehen. Die Krankheit und die damit verbundene Arbeitsunfähigkeit muss offiziell festgestellt werden. Gesetzlich ist in §5 EntgFG geregelt, dass bei Krankheit eine Entgeltfortzahlungspflicht besteht. Dauert die Erkrankung länger an, wird Krankengeld gezahlt.
Wichtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist ein amtliches Dokument, das ähnlichen Wert besitzt wie eine Urkunde. Dadurch erhält die AU Beweismittelcharakter. Sie kann gegebenenfalls auch vor Gericht als Anscheinsbeweisstück eingesetzt werden.
Was passiert bei nicht Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?
Kommt der oder die Beschäftigte der Vorlagepflicht im Betrieb nicht nach, kann das weitreichende Folgen haben. Wird die Nachweispflicht nicht eingehalten, können Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung einstellen und das Arbeitsverhältnis sogar kündigen.
Unterschied Krankmeldung vs. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Umgangssprachlich werden die Begriffe „Krankmeldung“, „Arbeitsunfähigkeit“ und „Krankschreibung“ oft synonym gebraucht. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede:
- Eine Krankmeldung ist die Mitteilung an Arbeitgeber über den Krankheitsfall
- Die Krankschreibung oder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dagegen ist das offizielle Dokument, das von Ärzten ausgestellt wird, um die Arbeitsunfähigkeit zu bestätigen
Rückwirkende Krankmeldung
Viele Unternehmen dulden eine rückwirkende Krankmeldung nicht. Im Arbeitsvertrag oder der Mitarbeitendenmappe können die Regelungen zur Krankmeldung und zur Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung individuell geregelt sein.
Wie und wann wird die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt?
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss immer von einem Arzt ausgestellt werden. Erlaubt ist die Ausstellung von:
- Hausärzte
- Fachärzte
- Durchgangsärzte
In einem Arzttermin wird festgestellt, ob der oder die Beschäftigte nur krank oder tatsächlich arbeitsunfähig ist (Erstbescheinigung). Auch der Arzt hat klare Richtlinien zur Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung:
- Die Dauer der voraussichtlichen Arbeitsunfähigkeit muss festgestellt werden.
- Der oder die ausstellende Arzt muss klar erkenntlich sein.
- Bei gesetzlich Versicherten: Hinweis auf Information an die Krankenkasse
- Datum
- Handschriftlich getätigte Unterschrift
Ausnahme: Telefonische Krankschreibung
Seit dem 7. Dezember 2023 können sich Patienten wieder telefonisch krankschreiben lassen. Diese Regelung ist durch die Corona-Pandemie entstanden und war daher auch zeitlich begrenzt. Die telefonische Krankschreibung kann für bis zu fünf Tagen erfolgen. Eine einmalige Verlängerung ist möglich.
Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit
Angestellte können die Krankschreibung bis spätestens zum letzten Tag der ursprünglichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlängern. Auch dafür muss der oder die Betroffene nochmals in der Praxis vorstellig werden. Ausnahme ist das Wochenende: Gilt die AU-Bescheinigung bis zu einem Freitag und der gesundheitlicher Zustand verbessert sich über das Wochenende nicht, dann ist es zulässig am Montag einen Arzttermin für die Verlängerung der Krankschreibung wahrzunehmen. Dieses Dokument wird dann Folgebescheinigung genannt.
“Krank machen“ ist kein Kavaliersdelikt
Wer die Arbeitsunfähigkeit vorschiebt, um beispielsweise Freizeitaktivitäten nachgehen zu können, der riskiert seinen Arbeitsplatz. Es handelt sich dabei um einen Bruch der arbeitsvertraglichen Pflichten. Arbeitgeber können Beschäftigten aufgrund dieses Vertragsbruchs fristlos kündigen. Außerdem droht folgendes:
- Rückforderungsansprüche von Seiten der Arbeitgebern
- Strafrechtliche Forderungen: Das Erschleichen von Entgeltfortzahlung wird als Straftatbestand (Betrug) gewertet
Auch Ärzte können beim fälschlichen Ausstellen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Arbeitgebern rechtlich belangt werden. Allerdings nur dann, wenn der Patient den Betrug offen kommuniziert hat und die AU-Bescheinigung dennoch ausgestellt wurde. Wenn Patienten Erkrankungen vorgaukeln, die nicht diagnostisch ausgeschlossen werden können, müssen Ärzte auf die Aussagen von Patienten vertrauen. Dabei sind sie nicht belastbar.
Arbeitsunfähigkeit – was ist erlaubt?
Während einer andauernden Krankschreibung mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dürfen Mitarbeitende alles tun, was sich nicht negativ auf den Heilungsprozess auswirkt. Das bedeutet Tätigkeiten wie:
- Einkaufen gehen
- Spazieren
- Kinobesuche
Teilweise sind sogar Reisen, die der Erholung dienen können, erlaubt. Bei Bronchitis oder Asthma beispielsweise können Luftkurreisen förderlich sein. Eine Pflicht Arbeitgeber oder die Krankenkasse zu informieren besteht für den Beschäftigten nicht.
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist kein Arbeitsverbot
Angestellte entscheiden selbst, ob sie innerhalb der ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung arbeitsfähig sind oder nicht. Arbeitgeber können allerdings nicht verlangen, dass innerhalb der Dauer der AU-Bescheinigung gearbeitet wird. Auch können erkrankte Mitarbeitende, die trotzdem im Büro auftauchen nach Hause geschickt werden. Die Fürsorgepflicht von Arbeitgebern gegenüber den Anstellten gilt hierbei.
Bestandteile der AU-Bescheinigung
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung besteht insgesamt aus vier Teilen, die meist jeweils eine Papierbescheinigung darstellen.
- Eine Ausfertigung zur Vorlage bei der Krankenkasse: Dieser Teil muss schnellstmöglich bei der Versicherung ankommen. Besonders, wenn Erkrankungen länger anhalten, ist es wichtig, dass die AU zeitnah bei der Krankenkasse ist. Auf der Basis der Krankschreibung durch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann der Anspruch auf Krankengeld geltend gemacht werden.
- Eine Ausfertigung zur Vorlage bei Arbeitgebern oder der Agentur für Arbeit: Dieser Teil muss, außer es ist im Arbeitsvertrag anders geregelt, bei andauernder Krankheit über drei Tage spätestens am vierten Tag vorgelegt werden. Eine Diagnose ist auf dieser Version der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht enthalten.
- Eine Durchschlag für Versicherte: Hierauf ist die Diagnose explizit benannt. Dieser Schein ist für die Unterlagen der Versicherten.
- Eine Ausfertigung für den Arzt: Diesen Teil behalten Ärzte, er wird meist in der Krankenakte hinterlegt.
Einführung elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Ab dem 01. Oktober 2021 sind Versicherte nicht mehr verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Post an ihre Versicherung zu schicken. Stattdessen tritt die sogenannte elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) in Kraft. Dabei informieren die Arztpraxen die Versicherungen auf dem elektronischen Weg. Ab Juli 2022 darf die Version für Arbeitgeber elektronisch übermittelt werden.
Lohnfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit
Die Entgeltfortzahlung für Mitarbeitende, die eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen, kann bis zu sechs Wochen andauern. Danach springt die Krankenkasse mit dem sogenannten Krankengeld ein (Krankengeldfall). Das umfasst bei gesetzlich Versicherten 70 Prozent des Bruttolohns. Festgehalten ist diese Regelung im Entgeltfortzahlungsgesetz. Privatversicherte haben Anspruch auf das Krankentagegeld, das hängt aber davon ab, ob dieses mitversichert ist oder nicht.
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Lohnfortzahlung im Krankheitsfall – ist diese steuerpflichtig?
Wenn Mitarbeitende eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen, dann sind Arbeitgeber verpflichtet, für diese Dauer eine Entgeltfortzahlung anzusetzen. Der im Rahmen dieser Lohnfortzahlung gezahlte Bruttolohn ist ganz regulär steuerpflichtig. Das gilt auch, wenn nach den gesetzlich festgelegten sechs Wochen Entgeltfortzahlung weiterhin Lohn oder ein Zuschuss zum Krankengeld getätigt wird. Hier greift die Lohnsteuer.
Steuerfreiheit bei tariflichen Aufstockungsbeiträgen
Mitarbeitende in Altersteilzeit beziehen gerade bei Tarifverträgen zum Teil Aufstockungsbeiträge statt Krankengeldzuschüssen. Diese Zahlungen sind dann steuerfrei.
Das sollten Arbeitgeber hinsichtlich der Sozial- und Krankenversicherung beachten
Angestellte sind während der in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgezeichneten Dauer der Lohnfortzahlung sozialversicherungspflichtig. Das gilt bis zur gesetzlich festgehaltenen Beitragsbemessungsgrenze.
Bei der Krankenversicherung gilt für Beschäftigte, die Anspruch auf bis zu sechs Wochen Entgeltfortzahlung haben, der allgemeine Beitragssatz. Es gibt allerdings auch Ausnahmen: Mitarbeitende, die diesen Anspruch nicht haben, haben Anspruch auf den ermäßigten Beitragssatz. Dieser Fall tritt hauptsächlich ein bei:
- Selbstständigen ohne Anspruch auf Krankengeld
- Hausfrauen und -männer
- Arbeitslose
- Studierende
Dauer der Arbeitsunfähigkeit
Ärzte schätzen die Arbeitsunfähigkeit eines Angestellten aufgrund der Erkrankung ein. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann daher unterschiedliche Dauern angeben. Gesetzlich festgehalten ist in §5 Absatz 4 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien, dass der Zeitraum der Krankschreibung nicht länger als zwei Wochen betragen soll. Ausnahmen gibt es für bestimmte Krankheiten. So kann die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei Depressionen beispielsweise bis zu 65 Tagen anhalten. Der Durchschnitt für Krankschreibungen bei Depressionen liegt bei 38,2 Tagen.
Arbeitgeber:innen
Arbeitnehmer:innen
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in der Lohnabrechnung
Die Krankheitstage der Mitarbeitende werden in der Lohnbuchhaltungssoftware festgehalten. Sie tauchen dann auch auf der jeweiligen Lohnabrechnung auf. Vermerkt werden die genauen Tage der Abwesenheit und bei Entgeltfortzahlung auf Stundenbasis der Stundenlohn.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – Alles Wichtige auf einen Blick
- Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist ein offizielles Dokument, das Arbeitnehmer bescheinigt, aufgrund einer Krankheit nicht arbeitsfähig zu sein.
- Der AU-Schein muss laut gesetzlicher Regelung spätestens ab dem dritten Krankheitstag in Folge dem oder der Arbeitgeber vorgelegt werden. Manche Unternehmen legen Sonderregelungen fest, beispielsweise die Krankschreibungspflicht ab dem ersten Krankheitstag.
- Sollten Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht innerhalb der Fristen vorlegen, können Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigern oder eine fristlose Kündigung einreichen.
- Bis zu sechs Wochen Krankheit, die mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung belegt wird, sind Arbeitgeber verpflichtet, eine Entgeltfortzahlung zu leisten. Nach dem Ablauf der sechs Wochen übernimmt die Krankenkasse mit dem sogenannten Krankengeld. Bei Privatversicherten ist das Krankentagegeld möglich.
- Der AU-Schein muss immer von einem Arzt oder einer Ärztin ausgestellt werden. Teilweise gibt es Ausnahmen, wann eine telefonische Krankschreibung möglich ist.
- Sind Mitarbeitende über die Erstbescheinigung hinaus arbeitsunfähig, wird eine Anschlussbescheinigung benötigt.
- Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung besteht aus vier Teilen, die dem oder der Betreffenden, der Krankenkasse, dem Arbeitgeber sowie dem Arzt ausgehändigt werden müssen.
- Betroffene müssen die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei Arbeitgebern sowie bei der Krankenkasse vorlegen.
- Lohnfortzahlungen im Falle einer Arbeitsunfähigkeit sind innerhalb der gesetzlichen Richtlinien steuer- sowie sozialversicherungspflichtig.
- In der Lohnbuchhaltung werden Krankentage notiert. Sie tauchen auch auf der Lohnabrechnung auf.